Randnotizen, Storys

Last der Buchstaben

Manchmal, wenn ich die Bücher meiner kleinen Bibliothek ansehe, denke ich: Mein Gott, was schon alles gedacht worden ist und noch gedacht werden wird! Ich nehme einen tiefen Atemzug, rieche dieses Aroma aus Romanen, poetischen und philosophischen Texten, großen und kleinen Geschichten, wissenschaftlichen Abhandlungen, atme aus, und ich sehe dann, wie sich tausende von Buchstaben und Satzzeichen als kleine und große Gedankenenzyme tanzend in der Luft bewegen. Staunend wie ein Kind , das den Seifenblasen hinterhersieht, betrachte ich das schwebende Schauspiel.

Aber mein Tagtraum verschwimmt gleich wieder, wenn mir zu Bewusstsein kommt, was Buchstaben bewirken können. Wie sie einerseits Wegweiser andererseits auch schon große Weltverführer waren, wie sie das menschliche Denken und Fühlen bereichern, bisweilen aber auch verwirren und vernebeln können. Wie man sich angesichts der Vielfalt und Unterschiedlichkeit von Beschreibungen, Weltsichten, Meinungen, Behauptungen und Deutungen auch ganz klein und nichtig vorkommen kann. Und all die Bücher erscheinen mir dann plötzlich als bedrohlich, rechthaberisch und selbstgefällig.

Und wieder eine Weile später sehe ich das Meer. Mein Meer. Ich gehe ganz absichtsvoll in Gedanken dorthin und erkenne dort einen Mann. Gelassen sitzt er auf auf einem Felsbrocken. Er blickt in die Ferne und schreibt. Und ich sehe, wie er dabei still seine innere Freiheit genießt.

3 Gedanken zu „Last der Buchstaben“

  1. Peter Uffelmann sagt:

    Aus Buchstaben Bedeutung machen, das Meer anschauen, sich in der Unendlichkeit möglicher Sinnkonstruktionen verlieren und in jene Stille zurückkehren, die sich der Bedeutungslosigkeit hingibt als gäbe es nur diesen Moment des Ein -und Ausstmend.

    1. J. J. C. sagt:

      Freiheit, die ich meine.

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